Heutige Zeiten
Mit der Wiedererringung der Unabhängigkeit Litauens belebte sich die Wallfahrtstradition allmählich wieder. Einen neuen Anstoß bedeuteten das große Jubiläum des Jahres 2000, die Jubiläen der Heiligtümer Litauens, die Krönung der berühmten Marienbilder.
Schon in den letzten Jahren der Sowjetzeit gelang es einer kleinen Gruppe von litauischen Pilgern in das französische Dorf Taize zu reisen, einem in aller Welt berühmten Zentrum ökumenischer Begegnungen. Das war der Beginn der Einbeziehung Litauens in diese Wallfahrtsbewegung. Nach der Wiedererringung der Unabhängigkeit reisen jedes Jahr eine Menge Menschen, besonders aber Jugendliche, aus Litauen in das französische Dorf Taize oder zu den alljährlichen Neujahrstreffen der Jugend Europas, die alljährlich in einer anderen Stadt Europas durchgeführt werden.
In der Vorbereitung des großen Jubiläums des Christentums und des Jubiläumsjahres 2000 wurden vergessene Wallfahrtstraditionen wiedererneuert und neue ins Leben gerufen. Besonders wichtig war die Jubiläumswallfahrt als sichtbarer Ausdruck des inneren geistigen Wegs zu Gott. Eine Vielzahl von Pilgern reiste nach Rom und ins Heilige Land – zu den wichtigsten Zentren der Jubiläumswallfahrten. Vom 1. bis 4. März 2000 wurden in Rom litauische Tage gefeiert. Während dieser Tage feierten Pilger aus Litauen hl. Messen in den großen Basiliken Roms, besuchten die wichtigsten mit dem Christentum verbundenen Orte der Stadt. Zum Abschluss der Reise feierten sie eine feierliche hl. Messe im Petersdom, trafen mit dem Papst zusammen und begingen das Fest des hl. Kasimir. Vom 6. bis 13. November 2000 fand die litauische Wallfahrt ins Heilige Land statt. Die Pilger besuchten Bethlehem, Nazareth, Jerusalem und andere an das Leben des Herrn erinnernde Orte.
Die Pilger in Litauen, die nicht nach Rom reisen konnten, unternahmen- ähnlich wie in anderen Ländern- Pilgerreisen zu der Kathedrale ihres Bistums oder zu einem anderen vom Bischof bestimmten Ort, an dem sie nach der Erfüllung der für einen Ablass nötigen Bedingungen den Jubiläumsablass erlangen konnten. Im großen Jubiläumsjahr des Christentums wurden in Litauen zum ersten Mal seit vielen Jahren große von der Kirche organisierte Veranstaltungen durchgeführt wie z. B. der Eucharistische Kongress, die Jugendtage, zu denen sich Mengen von Pilgern versammelten.
Nach der Wiedererringung der Unabhängigkeit und dem Wegfall der von der Sowjetmacht erzwungenen Einschränkungen wurden die großen traditionellen liturgischen Prozessionen wiedererneuert. Karfreitag und Fronleichnam versammelt sich in den Straßen der Städte eine immer größere Menge von Gläubigen. Prozessionen und Wallfahrten bekamen neuere zeitgemäßere Formen. Außerdem wurde auch die älteste bekannte Wallfahrt Litauens wiederbelebt- von Vilnius nach Trakai zum Gnadenbild der Muttergottes.
Die sich bildenden Pilgergruppen organisieren lange und große geistige und physische Ausdauer verlangende Bußwallfahrten. Einer breiten Öffentlichkeit sind bekannt die Fußwallfahrten nach Rom oder auch ins Heilige Land, bei dem ein etwa 60 kg schweres Kreuz getragen wird. Schon zu einer Tradition wurden die Bußwallfahrten rund um Litauen und auch der Besuch der wichtigsten Marienwallfahrtsorte in Litauen. Auf ihnen tragen die Pilger hunderte Kilometer das Kreuz, feiern jeden Tag die hl. Messe, empfehlen Gott ihre alltäglichen Anliegen und vertrauen auf die Barmherzigkeit und den Großmut der Menschen.
Der wohl wichtigste mit dem Besuch von Heiligenreliquien verbundene Ort in Litauen ist der Dom von Vilnius. In seiner Kapelle ruhen die Gebeine des bisher einzigen litauischen Heiligen, des Kronprinzen Kasimir. An seinem Grab beten und feiern die hl. Messe nicht nur Pilger aus Litauen, sondern auch solche, die aus anderen Ländern kommen. Um so mehr, als das Grab des hl. Kasimir schon seit dem XVI. Jahrhundert als Gnadenort verehrt wird. Jedes Jahr wird am 4. März, dem Fest des hl. Kasimir, zur Mittagszeit im Dom von Vilnius eine hl. Messe zu Ehren des hl. Kasimir für die Familien gefeiert. Am Abend des gleichen Tages verehrt die Jugend im Dom den hl. Patron der Jugend Litauens.
Populär sind auch die Wallfahrten zum Grab des seligen Jurgis Matulaitis in der Kapelle der Basilika von Mariampole. Der selige Jurgis ist nicht nur den Pilgern aus Litauen gut bekannt, sondern auch denen aus Polen. Viele von ihnen kommen zur alljährlich im Juli in Mariampole feierlich begangenen Oktav des Ablassfestes zum Tag des seligen Jurgiis Matulaitis, um den Beistand des seligen Erzbischofs zu erbitten.
Die im Mai und Juni des Jahres 2007 durch alle Bistümer Litauens wandernden Reliquien der Hl. Theresia vom Kinde Jesu zogen Massen von Pilgern zu den Gebetswachen an. Dies war eine ungewöhnliche Wallfahrt, denn normalerweise reisen ja die Beter, um bei den heileigen Reliquien zu beten. Aber dank dem Wunsch der hl. Theresia, die ja auch Patronin der Mission ist, das Evangelium aller Welt zu verkünden, wandern ihre Reliquien durch die Welt, damit si auch für die nicht in die Ferne Reisenden zugänglich werden.